Portraet
Namenszug
Titelbild Stahl

Leseprobe Stahl

Hier ein Auszug aus meinem Das Schwarze Auge Roman Isenborn IV: Stahl. Wer nicht online lesen möchte, kann ihn auch als pdf herunterladen.


Leseprobe zu Das Schwarze Auge: Stahl
von Bernard Craw


Leseprobe entnommen aus Kapitel 1: Händel


***


Auweiler, Baronie Grassing, Wildermark.

1. Tag im Ingerimmmond, 1029 BF.

...

Schon der erste Rammstoß, aus vollem Lauf geführt, sprengte die Tür auf. Die Söldner ließen die Deichsel fallen und stürzten sich mit Gebrüll auf den Feind. Auch Xaira rannte ins Haus, in dessen Innerem das Dämmerlicht ihr die Sicht nahm, bis ihre Augen sich daran gewöhnten.

Sie stand in einer Schankstube, die den größten Teil der Grundfläche einnahm. Linkerhand führte eine Treppe nach oben, deren Geländer gerade splitterte, denn auf den Stufen wurde bereits gekämpft. Auch Xairas Leibwächter hatten auf ihre eigentliche Aufgabe vergessen und sich in das Gefecht geworfen. Aus dem Obergeschoss drängten die Feinde hinab, einige befanden sich auch schon unten. Bruchstücke des Mobiliars flogen durch den Raum. Es war wie eine Wirtshausschlägerei, aber mit scharfen Waffen und gerüsteten Kontrahenten, die sich nicht mit ein paar blauen Flecken zufrieden gäben.

Den schlaksigen Söldner mit dem schütteren Bart sah Xaira erst, als dessen Breitschwert sie beinahe erreicht hatte. Es war eine wuchtige Waffe, die der Mann mit zwei Händen führte. ›Doppelsöldner‹ nannten sich solche Leute, denn sie forderten die zweifache Entlohnung für ihre Dienste. Dieser hier schien sich sein Gold heute verdienen zu wollen, indem er die am besten gerüstete Gegnerin stellte.

Aber Xaira hatte nicht vergeblich ein Dutzend Jahre in die Ausbildung zur Ritterin gesteckt. Auch die Zeit seither war nicht eben von friedlicher Geruhsamkeit geprägt gewesen. Ihr Körper reagierte bereits, bevor ihr Verstand vollständig begriff, was vor sich ging. Sie pendelte zur Seite, um unter dem waagerechten Hieb hindurch zu tauchen. Die Klinge zischte über ihrem Kopf durch die Luft. Hätte sie eine Helmzier getragen, wäre es jetzt um diese geschehen gewesen.

Allerdings war sie noch nicht an ihre neue Rüstung gewöhnt. Die Sicheln an ihren Schultern boten einen imposanten Anblick, aber auch einen festen Widerstand. Das Schwert krachte hart gegen die linke von ihnen. Da sie starr mit der Panzerung verbunden war, riss sie Xaira herum. Der unerwartete Zug ließ sie straucheln. Um ihr Gleichgewicht ringend verpasste sie die Gelegenheit, ihrerseits eine Attacke zu führen. Eigentlich sogar zwei Gelegenheiten, denn wozu führte sie zwei Klingen, wenn nicht, um doppelte Offensiven vorzutragen?

So aber brauchte sie beide Schwerter, um den nächsten Angriff zu parieren. Trotz seines ausgemergelt wirkenden Körpers verfügte ihr Gegner über eine beeindruckende Körperkraft. Bei allem Vertrauen auf den Schmied hätte sie den gewaltigen Rückschwung seiner Waffe nicht mit der Rüstung auffangen wollen.

Für einen kurzen Augenblick waren damit alle drei Klingen gebunden. Ein Teil von Xairas Aufmerksamkeit war noch bei der Sichel an ihrer Schulter, die ihr diese Lage eingebrockt hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich die Zwillingsschwester dieser Vorrichtung – direkt ihrem Gegner zugewandt. Xaira machte einen entschlossenen Schritt nach rechts, wobei sie den Oberkörper abkippte.

Ein Schmerzensschrei belohnte sie. Die Sichel schnitt durch das Gesicht des Doppelsöldners. Die Kraft, mit der er gegen ihre Schwerter drückte, ließ merklich nach.

Xaira löste sich. Die perfekt geschmiedeten Gelenke ihrer Rüstung gewährten ihr eine erstaunliche Agilität. Sie wandte sich von dem Söldner ab, um auf einen Stuhl zu springen, der protestierend unter dem Gewicht ächzte. Bevor er brechen konnte, war Xaira bereits darüber hinweg. Im Sprung trat sie gegen die Theke und wirbelte mit angezogenen Knien herum, wobei sie beide Schwerter weit ausholend hinter den Rücken brachte.

Sie hatte ihren Gegner richtig eingeschätzt: Er war ihr gefolgt, hatte wohl gedacht, sie wolle sich davonmachen. Jetzt war er zu nah, um ihrem Doppelschlag ausweichen zu können. Gerade noch brachte er seine wuchtige Waffe in einen Block, der das Schlimmste verhinderte, aber Xairas Ansturm ließ ihn taumeln.

Von diesem Erfolg ermutigt, führte sie einen Ellbogenstoß gegen seine Brust. Jetzt zahlten sich die gebogenen Klingen aus, die am Oberarm angebracht waren. Wie die Spitze eines Rabenschnabels bohrten sie sich durch den Lederpanzer des Gegners. Er war noch nicht tot, aber so mit seinen Wunden beschäftigt, dass ihre Schwerter das rasch nachholten. Der erste Stich fuhr ihrem Gegner in den Bauch, der zweite durch das Herz. Er hätte mehr Geld für eine Rüstung ausgeben sollen, ein Kettenhemd vielleicht, das Leder bot ihren Waffen kaum Widerstand.

Xaira schauderte beim Anblick der Wunden, die sie geschlagen hatte. Solches Grauen war der Preis des Krieges, der Tribut, den ein Leben als Kämpferin forderte. »Rondra, lass mich meine Ziele stets mit Bedacht wählen«, schickte sie ein Stoßgebet gen Alveran.

Sie suchte nach weiteren Gegnern, kam aber dreimal zu spät. Die Basilisken verrichteten ihr Handwerk schnell und gründlich. Als der letzte Feind besiegt war, tauchten sie die Finger in das noch warme Blut und zogen sich rote Striche durchs Gesicht.

Gutfriede riss einen ihrer Männer hoch, der nach der Geldbörse eines Gefallenen griff. »Plündern können wir später! Es gibt noch mehr Blutwerk zu tun!«

...


***


Ende der Leseprobe.




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Entnommen aus:
Stahl
Fantasy Productions 2010
ISBN: 978-3-89064-144-7